Schleswig-Holstein

Nord-Ostsee-Kanal

Auch nach 102 Jahren ist der Nord-Ostsee-Kanal, in der internationalen Schifffahrt “Kiel-Canal” genannt, der meistbefahrene Seekanal der Welt. Im innerdeutschen Verkehr zwischen den Nord- und Ostseehäfen trägt er als umweltfreundlicher Wasserweg zur Entlastung der Landverkehrswege bei und ist als elementarer Bestandteil des europäischen Schifffahrtsnetzes zu sehen.

Der Traum, den gefährlichen Seeweg zwischen Nord- und Ostsee um die Jütische Halbinsel durch den Bau eines Kanals zu vermeiden, ist uralt. Mit Beginn des 16. Jahrhunderts gab es eine Fülle von Kanalbauplänen. 1773 beauftragte der Dänische König den Generalmajor Wegener mit der Planung des Schleswig-Holsteinischen Kanals (Alter Eider-Kanal), der die Untereider bei Rendsburg mit der Ostsee bei Holtenau verbinden sollte. 1774 begannen die schwierigen Arbeiten. Die bis dahin größte zivile Baustelle des europäischen Kontinents verschlang 2,5 Mio. Reichstaler und raffte mehr als die Hälfte der Arbeiter durch Sumpffieber dahin. 1784 wurde der Alte Eiderkanal fertiggestellt. Der erste Wasserweg von der Nordsee zur Ostseewar 180,6 km lang (von Tönning bis Holtenau), die eigentliche Kanalstrecke hatte eine Länge von 43 km, eine Wassertiefe von 3,45 m, eine Sohlenbreite von 18 m und eine Wasserspiegelbreite von 28,7 m. Der Höhenunterschied wurde durch sechs Schleusen überwunden, die alle gleich groß waren, nämlich 35,0 m lang, 7,8 m breit und 4,0 m tief 

Lange wurde über den Nutzen und den Verlauf eines Kanals nachgedacht, denn der Alte Eiderkanal hatte durch die Entwicklung der Dampfschifffahrt an Bedeutung verloren. 1878 setzte der Hamburger Reeder Dahlström eine lebhafte Diskussion zum Projekt eines neuen Kanals in Gang.

Er übergab 1878 der Regierung eine Denkschrift, mit der er den Nachweis zu erbringen versuchte, dass bei einer Baukostensumme von 90 Mio. Reichsmark auf der Grundlage der Verkehrsstatistik der Schifffahrt im Sund und auf dem Eiderkanal sowie der durch den Kanal erzielten Reiseverkürzung, der gewonnenen Zeit und der eventuell zu erhebenden Kanalabgaben das Anlagenkapital sich gut verzinsen würde.

Reichskanzler Fürst Bismarck “interessierte sich lebhaft für die Sache” und musste sich gegen erhebliche Widerstände der Militärs durchsetzen. Geheimrat Baensch, technischer Referent für den Kanalbau im Reichsamt des Inneren und hervorragender Wasserbautechniker, engagierte sich und trieb die Planungsvorbereitungen voran, so dass es schließlich 1886 zur Verabschiedung des Gesetzes betreffend der Herstellung des Nord-Ostsee-Kanals kam. 

Die Grundsteinlegung erfolgte am 03.06.1887 durch Kaiser Wilhelm den I., 90 Jahre war der greise Kaiser zu dem Zeitpunkt alt. Die veranschlagten Baukosten betrugen 157 Mio. Reichsmark, 1888 begannen die Ausschreibungen der ersten Erdarbeiten, nachdem das Land Preußen der Übernahme von 50 Mio. Reichsmark zugestimmt hatte. Innerhalb von acht Jahren entstand der ca. 100 km lange Kanal, der die Elbe bei Brunsbüttel mit der Kieler Förde verbindet.

80 Mio. Kubikmeter Erde wurden bewegt, es entstanden jeweils ein Schleu- senpaar in Kiel-Holtenau und Brunsbüttel, zwei Hochbrücken und sechs bewegliche Brücken, 16 Fährstellen und 16 Schöpfwerke. Bis zu 8.900 Leute waren im Jahre 1892 im Einsatz als Handwerker, Schiffer, Erdarbeiter, Maschinisten, Schachtmeister und Baggermeister. Sie kamen aus Deutschland, Polen, Italien, Österreich und Russland. Die Versorgung der Arbeiter durch die Kanalverwaltung war vorbildlich. Zur  Gesundheitsfürsorge und Kontrolle der hygienischen Bedingungen hatte die Kanalkommission einen Höheren Marinearzt verpflichtet.

So konnte die Cholera, die 1892 in Hamburg ausbrach und zahlreiche Opfer forderte, erfolgreich abgewehrt werden. Es gab nur vereinzelte Fälle. Der Kanal wurde innerhalb der veranschlagten Zeit und der veranschlagten Baukosten von 156 Mio. Reichsmark fertig.

Dazu kamen noch 1,7 Mio. Reichsmark für die Eröffnungsfeierlichkeiten, die drei Tage dauerten. Höhepunkt war die Schlusssteinlegung am 21. Juni 1897 in Kiel-Holtenau, die Kaiser Wilhelm der II vornahm. Zur Überraschung der Gäste taufte der Kaiser die fertiggestellte Wasserstraße auf den Namen seines Großvaters “Kaiser-Wilhelm-Kanal”. Der Verwaltungsname “Nord-Ostsee-Kanal” wurde ihm erst am 16. April 1948 wiedergegeben.

Da das Wettrüsten zwischen den europäischen Großmächten - aber auch die Entwicklung in der zivilen Schifffahrt - rasanter war, als es sich die Erbauer des Kanals je gedacht hatten, musste der Kanal schon ab 1907 verbreitert werden. Die Wasserspiegelbreite wurde von 66,70 auf 102,50, die Sohlenbreite von 22,00 auf 44,00 m und die Wassertiefe von 9,00 auf 11,00 erweitert. Zugleich wurden die Linienführung verbessert und die Kurvenradien vergrößert. Es wurden drei Hochbrücken (Hochdonn, Rendsburg, Kiel-Holtenau) errichtet und die Straßendrehbrücke bei Rendsburg erhielt eine größere Spannweite. Es entstanden neue Doppelschleusen in Brunsbüttel und Kiel-Holtenau. Kosten: 242 Mio. Goldmark.... weiter
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